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Erinnerungen...

sind in für immer in unseren Herzen und die kann uns keiner nehmen!

 

....

 


Die Verabschiedung

 

Josephine macht die Nächte zum Tag und ich habe Mühe mein Zeitgefühl nicht zu verlieren. Ich weiß das ich nur noch sehr wenig Zeit mit meiner Tochter verbringen kann und so lege ich mich immer wieder zu ihr ins Bett um sie im Arm zu halten, sie zu spüren und um ihr meine Nähe zu schenken. In nicht allzu ferner Zukunft werde ich dies sehr vermissen.Am frühen morgen des 30.09.2005 schlingt Josephine, Rücklinks vor mir liegend ihren kleinen Arm um mich. Auch wenn meine Maus jetzt, da sie mich im Arm hält nicht mehr reden kann so weiß ich doch genau das sie mir sagt:

„Auf Wiedersehen Mama, ich liebe dich für immer!“   

 

Ich hoffe wir sehen uns wirklich irgendwann wieder meine kleine Maus, auch ich Liebe Dich für immer!

Deine Mama

 

....

Das Ende

Heute ist der 30.09. 2005. Es ist ca 21.00 Uhr und Josi liegt ruhig in ihrem Bett.

Ich will eine kleine Runde gehen und mache mich auf den Weg zur Klinikkapelle. Dort angekommen zünde ich am Altar eine Kerze für Josephine an, setze mich in eine der Bankreihen und beginne ein Gespräch mit Gott.

Ich sage ihm das ich weiß das er mir meine Tochter weg nimmt, das ich allerdings das Warum nicht verstehe und ich bitte ihn um ein schnelles, friedliches einschlafen .

Eine Weile bleibe ich noch sitzen, lasse die Atmosphäre auf mich wirken und dann mache ich mich auf den Weg zurück zu Stephan und Josi.

Seit einer Woche macht Josephine die Nacht zum Tag, schläft immer erst gegen morgen ein wenn es draußen langsam heller wird und so bekomme auch ich kaum Schlaf. Jetzt, kurz nach 23.00 Uhr, liegt sie ruhig in ihrem Bett und schläft. Also lege auch ich mich hin, schließe ein wenig die Augen und versuche zu schlafen.

Es ist 23.55 Uhr als ein Markerschütternder Schrei mich aus meinem gerade beginnenden Schlaf reist.

Ohne zu überlegen springe ich auf, lege mich hinter meine Tochter zu ihr ins Bett und halte sie fest in meinen Armen.

Mit angstvollen weit aufgerissenen dunklen Augen stemmt Josi sich mit aller ihr zur Verfügung stehenden Kraft von Bettgitter weg, will fliehen vor dem was da kommt und kann es doch nicht ändern.  

Ich habe das Gefühl das Josi ganz viel Angst vor dem hat was da auf sie zu kommt, mit aller Kraft wehrt sie sich dagegen. Sie will bei mir bleiben, sie will nicht gehen.

Ich muss nur nach der Nachtschwester klingeln, sofort steht sie da, ich werfe ihr einen stummen Hilfeschreienden Blick zu und sie sagt:

“ Frau Lohse sie machen das Richtig!“ .

 Weiterhin halte ich Josi fest in meinen Armen. Inzwischen ist es 0.15 Uhr und traurig wird mir bewusst das ich Geburtstag habe und meine Gedanken kreisen um das letzte Jahr….

 Vor einem Jahr, am 1.10. 2004, habe ich Josephines Diagnose gesagt bekommen. Getrieben von der Hoffnung den nächsten 1.10. mit meinem Mann und meinem Kind wieder unbeschwert zu Hause zu verbringen, vielleicht ein gesundheitlich stabiles Kind und einen annähernd geregelten Alltag wieder zu haben kämpfte ich mich durch einen schwer in Worte zu fassenden Klinikmarathon. Josephine und ich verbrachten innerhalb von 12 Monaten nur insgesamt nur ca 2-3 Monate zu Hause unser Familienleben war auf wenige Wochenendstunden geschrumpft und dieser 1.10. scheint definitiv nicht das zu werden was ich mir erhofft hatte.

 

Plötzlich kommt U. S., Josis Lieblingsschwester, rein und mit ihrem Erscheinen reißt sie mich aus meinen Gedanken . Sie stellt sich hinter mich ans Bett, legt ihre Hand auf meinen Unterschenkel und ich habe das Gefühl das sie mir von ihrer Kraft was ab gibt.In Seitenlage hinter Josephine liegend vergehen weitere drei Stunden in denen ich sie festhalte. Sie soll spüren das ich da bin, ich möchte ihr, mit dem im Arm halten, Geborgenheit und Sicherheit vermitteln, ihr Gleichzeitig ihre Angst nehmen und meine Liebe für ihre Reise mitgeben.

Gedanklich unterhalte ich mich die ganze Zeit mit ihr. Immer wieder versichere ich das sie gehen darf, mir zwar sehr fehlen wird,  aber das ihr Papa und ich es schaffen werden mit all dem umzugehen. Der Oberarzt, ich weiß nicht wann er dazu gekommen ist, steigert innerhalb dieser drei Stunden die Morphindosis weit über die "Normaldosis" . Dann endlich ist Josi so weit weg das sie aufhört sich mit aller Kraft zu wehren. Jetzt setzte ich mich neben Ihr Bett, lege ihr den Kuschelfelix in den Arm, halte ihre Hand und beobachte .

Josephine scheint weit weg zu sein ihr Blick geht nach oben ins leere und ihre Atmung gleicht einer Maschine die stur weiter arbeitet.Noch heute habe ich dieses Geräusch im Ohr und ich werde es wohl niemals in meinem Leben vergessen.Ein kurzes, zweimal kurz nacheinander laut hörbares Einatmen. So als ob die Luft mit aller Macht an einem Hindernis vorbeigezogen werden muss. Das Ausatmen ist jedoch vollkommen Geräuschlos und kaum wahr zu nehmen.

Die Stunden ziehen sich wie zäher Kaugummi dahin. Ich bin nicht mehr in der Lage irgend etwas zu denken, zu fühlen oder eine Gefühlsregung zu zeigen. Ich funktioniere genauso maschinell wie Josephine`s Atmung, bin innerlich total leer und irgendwie komme ich mir vor als ob  die  Zeit plötzlich stehen geblieben ist trotz das die Uhr weiter tickt. Ich bin irgendwie nicht von dieser Welt, nur körperlich anwesend, meine Seele scheint unterwegs verloren gegangen. Gegen morgen, es ist ca 5,00 Uhr, legt mein Mann sich hin und schläft zwei Stunden. U. S. und ich sitzen uns gegenüber jeder an einer Seite von Josis Bett und jeder hält Josis Hand. Ich sehe wie U. S. immer wieder die Augen zu fallen in diesem Moment ihr Kopf nach vorn kippt und sie dadurch erschrocken die Augen wieder öffnet und tapfer weiter gegen die bleierne Müdigkeit ankämpft. Auch mir selber geht es nicht anders meine Augen sind schwer und Müde ich habe kein Ahnung wie lange ich diese Situation noch aushalte und kämpfe innerlich gegen den mir im Nacken sitzenden Zusammenbruch an.

Der Oberarzt steht die ganze Zeit stumm am ca. ein Meter entfernten Kleiderschrank. Zweimal kann Josi ihren Speichel nicht mehr schlucken und droht zu ersticken. Sie bekommt etwas damit dies nicht passiert, bekomme ich erklährt. Weitere zweieinhalb Stunden vergehen, die Frühschicht hat den Nachtdienst abgelöst und gegen 7.30 verabschiedet sich auch U. S. Gemeinsam stehen wir am Fußende von Josis Bett und plötzlich überfällt mich die Gewissheit in einem Jahr wieder ein Kind zu haben Ein letztes mal nehmen wir uns in die Arme ehe sie geht und während dieser letzten Umarmung weiß ich, das ich nie wieder etwas von ihr hören werde. Schade.

Hier ein herzlicher Dank für all das was du mir gegeben hast.

Jetzt da U.S. weg ist scheint auch der Rest meiner Energie verschwunden zu sein. So als ob ich die ganze Nacht von ihrer Energie gezehrt hätte. Ich fühle mich leer, irgendwie Tod. Ich halt mich über Wasser in dem ich beschließe meinen Schlafanzug gegen Tageskleidung zu tauschen. Wir bekommen Kaffe und Tee und stumm neben Josis Bett verbringen mein Mann und ich die Letzte Stunde. Es ist 8.30 Uhr und in drei Atemzügen wird Josis Atmung langsamer und hört ganz auf. Ich klingele nach dem Arzt und 8.35 Uhr stellt er den Tod fest.

Ich sage der für uns zuständigen Schwester, das ich meine Tochter noch selbst waschen und umziehen möchte. Wir bekommen eine Waschschüssel mit schönem warmen Wasser und eine weichen Schwamm. Langsam ziehe ich Josi das Nachthemd aus. Gemeinsam waschen wir unser Kind ein letztes mal von Kopf bis Fuß.

Vor zwei Tagen hat Josi mir ganz klar gesagt was sie heute anziehen will. Nämlich entweder ihre rote Lieblingshose oder einen Rock bei dem sie den Knopf selber aufmachen kann. Ich erklärte ihr das ich ihr Lieblingskleid dabei habe und Frage ob es für sie in Ordnung ist dieses anzuziehen. Begeistert hat sie zugestimmt. Ihrem Wunsch entsprechend Kleiden wir Josi für ihre letzte Reise in eine dunkelrote Strumpfhose und das Dunkelblaue Lieblingskleid. Inzwischen gehen die ersten Anrufe mit Geburtstagsglückwünschen ein und ich muss gleich anfangen jedem zu sagen das Josephine gerade für immer eingeschlafen ist.

Wie nicht zu dieser Welt dazugehörend kümmere ich mich um alle Formalitäten und darum das wir nach Haus kommen.

 

….



Wirklich ein Jahr später am 9.10.2006 wird unser Sohn Cedric geboren.

 

 

 

Josephine Lohse
Geboren am 17.09.2000
Gestorben am 01.10.2005

12.183 2.121 63

Zurueck zur Gedenkstaette Erstellt am 01.01.2012,
Erstellt von Ines Lohse

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